Die Legende erzählt, dass in einer Stadt ein Schüler lebte, der zwar gute Anlagen hatte, aber wegen seiner Trägheit ohne Erfolg blieb. Faulheit und Desinteresse führten dazu, dass er nichts lernen wollte, so sehr ihn auch sein Lehrer verprügelte. Er hatte sich ganz der weltlichen Lust ergeben, aber trotz aller Verderbtheit eine löbliche Angewohnheit beibehalten: Er pflegte nämlich der Mutter Gottes zu Ehren jeden Tag ihrem Bildnis einen Kranz von Blumen zu flechten und ihr Haupt damit zu bekrönen.
Eines Tages verspürte der junge Mann die Anregung, in ein Zisterzienserkloster einzutreten. Alle Angehörigen und Freunde redeten ihm zu und halfen bei der Aufnahme. Er lebte dort nach der Regel des Bernhard von Clairvaux (1090-1153) und war auch ganz zufrieden, bis er eines Tages an einer Marienstatue vorbeiging und ihm sein alter Brauch einfiel, den er unter den jetzigen Bedingungen schon lange nicht mehr hatte ausführen können. Der Gedanke, Maria nicht mehr in der gewohnten Form verehren zu können, bedrückte ihn so sehr, dass er das Kloster verlassen wollte. Denn das Klosterleben bot keine Möglichkeit, täglich die notwendigen Blumen zu suchen, um einen Kranz daraus zu flechten. Ein alter Mönch riet ihm dann, den Kranz von Blumen durch einen der Gottesmutter viel angenehmeren Kranz zu ersetzen.
Der junge Mönch richtete sich nach diesem Rat und musste einige Zeit später in Ordensangelegenheiten verreisen. Unterwegs stieg er an einer Waldlichtung vom Pferd, um seine täglichen 50 Ave Maria zu verrichten. Zwei Räuber aber, die ihm heimlich gefolgt waren und es auf sein Pferd abgesehen hatten, sahen ihm dabei aus dem Gebüsch zu. Auf einmal erblickten sie eine wunderschöne Frau neben dem Mönch, die ihm eine Rose nach der anderen vom Mund pflückte, diese zu einem herrlichen Kranz von 50 Rosen wand, sich ihn auf ihr Haupt setzte und verschwand.
Als die Räuber den Mönch überfielen und ihn bedrängten, wer die schöne Frau gewesen sei, die ihm die Rosen vom Mund gepflückt habe, wusste dieser nichts von einer solchen Frau, da nur die Räuber die wundersame Gestalt gesehen hatten. Bald aber begriff er, dass es Maria gewesen war, und voll Freude lobte und dankte er Gott und die heilige Jungfrau. Anschließend predigte er den Räubern von der Gnade Christi, die schon bei ihm wirksam gewesen sei und heute die beiden Räuber bekehren wolle. Auf solche Worte hin und durch das Wunderzeichen überzeugt, bereuten die Räuber ihr sündiges Leben. Sie folgten dem Mönch in sein Kloster und wurden selbst zwei gute und fromme Klosterleute.